Valentin Krasnogorov
Das Geschenk
Das Theaterstück in einem Akt
Übersetzung: Madina Manto
ATTENTION! All
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e-mail: valentin.krasnogorov@gmail.com
Site: http://krasnogorov.com
Handelnde Personen*
Ehefrau (EF)
Ehemann (EM)
*Es kann noch eine handelnde Person engagiert werden,
jedoch virtuell
Das Zimmer im
Hause des Ehepaars. Der Ehemann sitzt am PC. Es tritt seine Ehefrau ein — eine attraktive,
junge Dame im Neglige.
DIE EHEFRAU (EF)
(den Ehemann küssend): Guten Morgen,
Schatz. Schon fleißig am Arbeiten?
DER EHEMANN (EM):
Morgen. Eigentlich haben wir schon Mittag.
EF: Echt? Dann
bin ich wie immer etwas zu spät aus dem Bett.
Ich mache mich dann fertig.
EM: Möchtest du
irgendwas zum Frühstück?
EF: Nein, danke.
Ich trinke mein Kaffee und bin dann weg.
EM: Wo geht es
denn wieder hin?
EF: Ich habe
etwas zu tun. Aber erstmal mache ich ein Anruf.
Die EF
verschwindet im Schlafzimmer. Der EM bereitet den Kaffee zu. EF zieht sich an
und spricht dabei weiter:
EF: Und, gibt es
was Neues?
EM: Wie immer,
das Gleiche. Das Vorwahl-Rennen geht weiter. Das Rating der Kandidaten ist
jetzt raus.
EF (aus dem
Schlafzimmer): Und wie hoch sind die Chancen bei deinem Freund?
EM: Gar nicht so
schlecht. Kommt nichts dazwischen, wird er zum Vorsitzenden.
EF (aus dem
Schlafzimmer): Was kann denn da dazwischen kommen?
EM: Alles mögliche. Politik
ist unberechenbar.
EF: Finanzierst
du ihn?
EM (mit den
Schultern zuckend): In der letzter Zeit fast gar nicht.
EF (aus dem
Schlafzimmer): Schade! Kommt er in die Stadtverwaltung rein, bekommst du
das Dreifache von ihm zurück, und auch so
wird er dir ganz hilfreich sein. Wenn du schon damit angefangen hast, sollst du
es auch vollbringen.
EM: Er ist auch
so auf dem festen Fuß. Sein Motto heißt "Ehrlichkeit ist mein
Programm!", und es arbeitet auf ihn — andere Kandidaten
versprechen viel, sprechen über Reformen,
publizieren langweilige, unendlich Lange Programmen, und er sagt nur eins — "Ehrlichkeit".
Und in unserer Zeit der Lügner und Diebe
sehnt man sich nach Ehrlichkeit.
EF, geschminkt
und angezogen, tritt wieder ins Zimmer ein
EF: So, jetzt bin
ich fertig.
EM (stellt die
Tasse mit frisch gekochtem Kaffee auf den Tisch ): Da hast du ́s.
EF: Danke. (trinkt Kaffee)
EM: Du siehst
bezaubernd aus.
EF: Dankeschön!
EM: Also, wohin
geht ́s diesmal?
EF: Ehrlich
gesagt, ich wollte einfach mit meinem neuen Auto etwas rumrasen. Seitdem du es
mir geschenkt hast, will ich gar nicht vom Steuer weg! Ich weiß überhaupt
nicht, wie ich vorher gelebt habe.
EM: Du hattest ja
auch vorher ein Auto.
EF: Kann man denn
das alte Auto mit diesem da vergleichen? In diesem Auto komme ich mir wie eine
Königin vor. Das ist ein Auto, über welches ich
schon immer geschwärmt habe: groß, schnell, schön, bequem,
perfekt ausgestattet. Weiche Sessel, abgedunkelte Fenster, Vorhänge... Du hast
alles vorgesehen. Es ist ein echtes Zuhause auf den Rädern. Ich fahre
damit zu allen meinen Bekannten und prahle vor Freude! Und sage allen, dass es
dein Geschenkt sei. Und sie beneiden mich bis zum geht nicht mehr.
EM: Hast du es
schon allen gezeigt?
EF: Natürlich, nein! Es
ist ja erst seit zwei Wochen da. Deswegen kann man mich auch von dem nicht
wegjagen. Ich danke dir tausendmal (kommt zu ihm näher und gibt ihm
einen leidenschaftlichen Kuss)
EM: Das ist ja
nichts. Wollen wir vielleicht zusammen spazieren fahren? Raus aus der Stadt,
und zum Abend essen wir an einem Gasthof...
EF: Ich will dich
nicht ablenken. Du bist, wie immer, sehr beschäftigt, oder?
EM: Ach was, gar
nicht... Wobei, ich habe einen geschäftlichen Termin,
aber den kann man auch verschieben.
EF: Ach, es ist
unnötig. Und ich bin ja nicht lange weg. Und abends mache ich
mir eine schöne Fahrt! (küsst den EM) Also, ich gehe
dann. Bis bald.
EM: Tschüss.
EF frischt kurz
ihr Lippenstift auf, holt den Schlüssel aus der
Tasche raus, geht weg, kehrt aber nach kurzer Zeit zurück.
EF: Habe mein
Handy vergessen. (sucht nach ihrem Handy, findet es). Ich bin dann weg.
EM: Nur sei bitte
vorsichtig. Fährt man mit einem schnellen Auto,
verliert man das Gefühl der Geschwindigkeit, und ist dann
wie im Rausch.
EF: Ist denn der
Geschwindigkeitsrausch so schlimm?
EM: Das ist
wunderschön. Aber es paart sich schlecht mit der Verantwortung, die
manchen Menschen sowieso schon komplett fehlt.
EF: Entschuldige
mich, aber manchmal bist du bisschen langweilig.
EM: Ich weiß. Es
tut mir leid.
EF (küsst EM nochmal): Bis bald.
EM: Tschüss.
EF winkt dem EM
zu und verschwindet eilig, auf dem Handy tippend. Alleine gelassen, setzt sich
der EM an sein PC und zieht sich die Kopfhörer an. Mit
der Maus und der Tastatur wählt er das richtige Programm. EF kommt
zurück. Ihr Gesicht ist seriös und besorgt. EM
zieht die Kopfhörer aus.
EM: Bist du schon
zurück? So schnell?
EF: Ich bin nicht
weggegangen.
EM: Warum denn?
EF: Habe es mir
anders überlegt. (legt ihr Handy,
Handtasche und den Autoschlüssel auf den
Tisch und setzt sich hin) Außerdem, ich muss mit dir reden.
EM: Worüber?
EF: Naja... über verschiedene
Sachen.
EM: Wird das
Gespräch lang sein?
EF: Ich weiß es
nicht. Ich glaube nicht.
EM: Na also, dann
lass uns reden.
Pause.
EF: Weißt du, ich
habe mir gedacht... du hast mir ein wunderschönes Auto
geschenkt... Aber es ist doch auf dich registriert, oder?
EM: Auf mich, natürlich. Ich habe
es doch gekauft.
EF: Also, es gehört dann nicht
mir?
EM: Warum nicht
dir? Du fährst doch dieses Auto, nicht ich.
EF: Und mir wäre es lieber,
wenn es wirklich mir gehören würde. Und außerdem...
EM: Was,
"außerdem"?
EF: Warum machen
wir kein Ehevertrag? Man sagt, es ist jetzt ganz in Mode.
EM: Ich folge der
Mode nicht. Welchen Vertrag möchtest du denn
haben?
EF: Naja, so ein
Dokument... So was wie die Aufteilung des Vermögens. Da wird es
genau beschrieben, was wem gehört.
EM: Wozu brauchst
du das? Fehlt dir irgendwas?
EF: Nein, aber...
Aber nehmen wir an, wir lassen uns scheiden. Dann ersparen wir uns die ganzen
Streitereien und Verhandlungen. Deins ist deins, und meins ist meins.
EM: Das ist sehr
schlau gedacht. Hast du vor, eine Scheidung einzureichen?
EF: Natürlich, nein! Aber
was ist, wenn du mich für eine Andere
verlässt? Und man weiß ja nie...
EM: Na, gut. Wie
willst du denn unser Vermögen aufteilen?
EF: Ich weiß es
nicht... so, wie es üblicherweise zwischen Ehepartnern
aufgeteilt wird.
EM: Wie teilen
sie es denn üblicherweise auf?
EF: Nach der
Gerechtigkeit.
EM: Nach der
Gerechtigkeit? Wie das denn?
EF: Die Ehefrau
bekommt die Hälfte.
EM: Die Hälfte von was?
EF: Die Hälfte vom Vermögen.
EM: Die Hälfte von dem, was
sie zusammen erworben haben, oder die Hälfte von allem?
EF: Ist es nicht
das Gleiche?
EM: Nicht immer.
Was haben zum Beispiel WIR zusammen erworben?
EF: Alles.
EM: Was verstehst du denn
unter diesem „alles"?
EF: Alles — heißt alles.
EM: Zum Beispiel?
EF: Zum Beispiel,
diese Wohnung, unser Ferienhaus, Bankkonten... Und, selbstverständlich, deine
Firma.
EM: Mein Firma
ist auch unser gemeinsames Vermögen?
EF: Natürlich.
EM: Und die
Wohnung?
EF: Und die
Wohnung.
EM: Also bist du
fest davon überzeugt, dass wir sie zusammen
erworben haben?
EF: Ja.
EM: Ich habe sie
eine Woche nach unserer Hochzeit gekauft.
EF: Mein Anwalt
sagt, dass es überhaupt kein Unterschied mache.
Wichtig ist, dass es nach der Eheschließung zustande gekommen ist. Auch wenn ́s am nächsten Tag.
EM: Hast du schon
deinen eigenen Anwalt?
EF (etwas verlegen):
Naja, nicht wirklich meinen
eigenen.... Nur einen mir bekannten Anwalt. Habe mich nur einfach so mit ihm
unterhaltet, und er hat es mir so erklärt.
EM: Wie es
aussieht, verstehst du nicht ganz, wie unser Vermögen zustande
gekommen ist. Ich bin kein Oligarkh und nehme auch kein Bestechungsgeld, ich
bin nur ein Ingenieur. Ich habe mein Vermögen mithilfe von
meinem Kopf erlangt, und nicht durch Spekulationen und Dieberei. Ich habe es
mithlife der Erfindung erlangt, an welcher ich seit 17 Jahren arbeite. Diese 17
Jahre vergingen in Not und Hunger. Mein erste Ehefrau konnte es nicht
aushalten, und hat mich deswegen verlassen. Und erst vor zwei Jahren, kurz vor
unserer Hochzeit, hatte ich Glück und bekam
großes Geld für meine Erfindung. Aber dieses Geld
ist nicht für die zwei Jahre davor, sondern für die ganzen 17
von vorher.
EF: Es macht kein
Unterschied. Mein Anwalt sagt, dass alles, was nach der Eheschließung gekauft
wurde, gehört beiden Ehepartnern.
EM: Aha, du hast
also doch deinen eigenen Anwalt.
EF: Ja, ich habe
einen. Es ist kein Verbrechen, einen eigenen Anwalt zu haben.
EM: Meine kleine
Firma arbeitet gerade an einem weiteren Gerät. In die
Entwicklung sind große Geldsummen reingesteckt, und man weiß noch gar nicht,
wann es so weit ist. Wenn du das halbe Kapital nimmst, ist die Firma tot, oder
bekommt bald einen neuen Besitzer. Und ich bin pleite. Alles, wofür ich mein ganzes
Leben gearbeitet habe, ist weg.
EF: Wann bist du
mit diesem neuen Gerät fertig?
EM: Ich weiß es
noch nicht. Vielleicht, niemals. Momentan investiere ich nur noch dahin,
bekomme aber noch nichts zurück. In solchen
Sachen kann man nie etwas voraussagen.
EF: Na, siehst
du!
EM: Was,
"siehst du"?
EF: Siehst du,
dass du immer noch pleite werden kannst? Aber dich kümmert das nicht.
Das einzige, worüber du dir Sorgen machst, ist deine
Arbeit, und ich mache mir Sorgen über den
Wohlstand. Also ist es besser, unser Vermögen jetzt schon
aufzuteilen.
EM (nach einer
kurzer Pause): Na, gut. Dann lass es uns aufteilen. Also, du willst die Hälfte?
EF: Ja.
EM: Sonst nichts
mehr?
EF: Na, die
Juwelen. Der Anwalt hat gesagt, dass Schmuck, Pelze, und die Kleidung zu meinem
Vermögen zählen. Es wird
nicht geteilt.
EM: Aber die
Juwelen, die ich dir geschenkt habe, kosten ja eine Menge Geld.
EF: Aber die gehören doch mir. Und
das Auto. Das hast du mir doch auch geschenkt.
EM: Ich verstehe
es nicht ganz. Teilen wir gerade unser Vermögen auf, oder
scheiden wir uns schon?
EF: Was hat es
damit zu tun? Ich habe nichts über die Scheidung
gesagt.
EM: Warum hast du
denn mit dieser Aufteilung so eilig? Habe ich dir jemals Unrecht getan?
EF: Ich habe es
dir doch erklärt: ich will mich einfach unabhängig fühlen. Und ich dränge dich nicht.
Wir sollen es nicht unbedingt jetzt tun. Man kann es auch morgen machen. Oder
heute Abend.
EM: Vielleicht
gibt es noch irgendeinen Grund für die Eile?
EF: Nein. Welchen
Grund kann es denn noch geben?
EM: Sei ehrlich
mit mir. Hast du jemanden?
EF: Natürlich nein!
EM: Dein
Ehrenwort?
EF: Ich schwöre es dir! Du
weißt doch, wie sehr ich dich liebe. (umarmt ihn)
EM: Ich weiß.
EF: Aber ehrlich
gesagt, manchmal habe ich das Gefühl, daß wir nicht
zueinander passen.
EM: So?
EF: Na, denke
doch selbst mal nach. Ich bin jung, hübsch, und du
spezialisierst dich auf dieser...wie heißt die noch mal... Fern... ich kann es
mir einfach nicht merken...
EM: Auf
Fernkommunikation und Ferndatenübertragung.
EF: Je, genau
darauf. Ich vergesse immer wieder, was es sein soll.
EM: Man beschäftigt sich dabei
mit der Fernübertragung der Daten aller Art
mithilfe der spezieller Geräte.
EF: Siehst du,
wie langweilig es ist? Und du interessierst dich für nichts anderes,
als das. Es ging mir gut mit dir, aber ich will mehr.
EM: "Es
ging", oder es geht dir gut mit mir?
EF: Klammer dich
doch nicht an die Worte.
EM: Und was ist
dieses "mehr", das du so sehr willst?
EF: Nun... Ich
weiß nicht. Ich will etwas anderes.
EM: Einfacher
gesagt, du willst dich also doch scheiden.
EF: Kann sein.
EM: Aber du hast
doch gerade jetzt gesagt, dass du mich liebst.
EF: Liebe und Ehe
sind ganz verschiedene Sachen.
EM: Vielleicht
liebst du einfach nicht mich?
EF: Wir haben mit
dir über die Aufteilung unseres Vermögens gesprochen,
und nicht über die Liebe.
EM: Gut. Dann
kehren wir zurück zu dem Thema. Das heißt also, mit
weniger als der Hälfte von allem stellst du dich nicht
zufrieden.
EF: Ich habe dir
schon alles gesagt.
EM: Unser
gemeinsames Vermögen besteht aus dem, was ich verdient habe, und dem, was
du ausgegeben hast. Du hast ja weder gearbeitet, noch für den Haushalt
gesorgt. Kinder haben wir auch keine.
EF: Was willst du
denn von mir?
EM: Stelle dich
mit einer kleineren Summe zufrieden, und ich werde dich versorgen.
EF: Ich werde
auch so versorgt sein.
EM: Das ist
gemein.
EF: Ich soll
einfach meine Interessen verteidigen.
EM: Du versetzts
mich in eine recht blöde Lage. Denke doch gut darüber nach, damit
du später nichts bereust.
EF: Was soll ich
denn bereuen?
EM: Ist es dein
letztes Wort?
EF schweigt.
EM: Okay. Dann
diskutieren wir nicht mehr. Lass uns lieber ein Film schauen, um etwas
runterzukommen.
EF: Wozu das
denn?
EM: Ich will auf
dem Beispiel von diesem Film dir erklären, was man
eigentlich unter Fernkommunikation und Ferndatenübertragung
versteht.
EF: Du hast dir
aber wirklich die perfekte Zeit dafür ausgesucht! Und
dann noch über die Fernkommunikation. Ich will
nicht.
EM: Es ist
wesentlich besser als Gespräche über Vermögensaufteilung zu
führen.
EF: Ich habe dir
doch gesagt, das ist totlangweilig!
EM: Glaub mir, es
wird spannend sein.
EF: Nicht für mich.
EM: Nicht alles
im Leben teilt sich auf "langweilig" und "nicht langweilig"
auf. Der Mensch lebt nicht nur für Freude.
EF: Na also, wenn
wir nur ein mal leben, ist es besser, in Freude zu leben, als sich zu
langweilen. Und genau das verstehst du nicht.
EM: Ich habe
diesen Film speziell für dich gemacht.
Es ist auf meinem PC, aber ich kann es dir auch über den Fernseher
zeigen. Auf einem großen Bildschirm wird es noch interessanter.
EF: Ich will
nicht.
EM: Wenigstens
die ersten fünf Minuten.
EF: Will nicht.
EM: Ich schalte
es aber trotzdem ein.
EM schaltet den
PC und den Fernseher an. Je nach dem Charakter der Aufführung, der
Fernseher kann so positioniert werden, dass das Publikum den Film entweder
sehen, oder hören kann.
So lange der EM
alles einschaltet, nimmt EF ihre Handtasche, den Schlüssel und das
Handy, und begibt sich zur Tür. Wenn sie aber
die erste Worte hört, welche aus
dem Fernseher ertönen, bleibt sie
stehen. Am Anfang ist der Bildschirm dunkel, und man hört nur die
Stimmen.
Männliche Stimme
(MS): Ist es nicht zu riskant von deiner Seite?
Stimme der EF
(EFS): Ich habe keine Angst vor der Scheidung. Er ist reich, und legt daher
viel Kohle aus. Nach der Scheidung bin ich dann für mein restliches
Leben versorgt.
MS: Aber wenn du
mit ihm bleibst, bist du auch gut versorgt.
EFS: Das steht
noch nicht fest. Wenn er pleite wird, habe ich wieder nichts. Und so bleibt
meins bei mir. Außerdem, wie seltsam es auch klingen mag, ist er total
unpraktisch.
MS: Ich weiß. Er
konnte Milliarden für seine Erfindung haben, bekam aber
nicht mal die Hälfte davon. Wobei, auch so viel genug.
EFS: Wie dem auch
sei, ich nehme alles, was ich nehmen kann, darüber brauchst du
dir keine Sorgen zu machen. Du hast mir doch selbst gezeigt, wie man es am
besten macht. Aber bist du dir sicher, dass das Gesetz dann auf meiner Seite
ist?
MS: Das Gesetz
ist immer auf der Seite der Frauen. Das zieht sich schon seit Hunderten von
Jahren, als Frauen nicht gearbeitet haben und ihren Männern völlig ausgewiesen
wurden. Die Zeiten ändern sich, jedoch bei der Scheidung
sind Frauen immer die Erniedrigten und die Beleidigten.
EFS: Dann ist es
gut so.
MS: Tut es dir
nicht leid, ihn zu verlassen?
EF: Nicht
wirklich. Er war für mich immer nur eine Stufe zu etwas
Größerem.
MS: Warte aber
trotzdem damit ab. Wir könnten ihn noch
gebrauchen.
EF: Wozu? Wir
schaffen es auch ohne ihn. Du bist ja schon bald der Vorsitzende.
MS: Das
Vorwahl-Rennen ist nicht zur Ende, die Konkurrenz ist mir hinterher, und zum
Schluß werde ich noch Geld brauchen. Ohne Geld gewinnt man keine Wahlen.
Versuche es mal ihm klar zu machen.
EFS: Mache dir
keine Sorgen. Wir saugen aus ihm alles raus, was er hat.
EF: Schalte es
aus! Schalte es sofort aus!
EM drückt auf Pause.
EF: Wie hast du
diese Aufnahmen gemacht?
EM: Mithilfe von
Fernkommunikation und Ferndatenübertragung. Und,
fandest du es langweilig?
EF (sich wieder
gefunden): Langweilig. Du hast mir versprochen, ein Film zu zeigen,
und stattdessen ist es nur eine Sprachaufnahme irgendwelcher unbekannter
Menschen.
EM: Ach, du
willst den Film? Dann setze dich bequem hin, und schau zu.
EM schaltet die
Videoaufnahme ein
MS: Was denkst
du, ahnt er irgendwas?
EFS: Nein. Er ist
doch ein Lauch! Würde er mir jemals solch ein Auto
schenken, wenn er irgendwas geahnt hätte?
MS: Sei
vorsichtig. Er soll überhaupt kein Verdacht haben. Vor
allem jetzt, vor den Wahlen.
EFS: Kannst du
aufhören, über diese Wahlen
zu sprechen? Nimm mich lieber in den Arm! Warum zögerst du?
MS: Ich habe
immer das Gefühl, dass wir beobachtet werden.
EFS: Mach dir
kein Kopf. Die Fensterscheiben hier sind so dunkel, man sieht nichts von Außen. Außerdem, es gibts
hier Vorhänge. Genau das, was wir brauchen — vorher konnten
wir uns ja nicht mal treffen, sollten immer weit weg fahren.
MS: Deine Haut
ist so weich…
Man hört Küsse, Stöhne und Seufzer
EFS: Sehr bequem
hier, nicht wahr?
MS: Ja, fast so
gut wie im Bett.
EFS: Es ist sogar
interessanter so.
EM: Soll ich es
weiter laufen lassen?
EF: Nein. Es ist
ekelhaft.
EM: Ja, es ist
ekelhaft.
EM drückt auf Pause.
EF: Wie hast du
es nur gemacht?
EM: Ganz einfach.
Es gibts vier Videokameras im Auto. Sie haben eure Liebe von allen vier Seiten
gefilmt, und es wurde mir direkt auf das PC gestreamt. Wie es heißt, online.
EF: Schämst du dich nicht
dafür?
EM: Und schämst du dich nicht dafür?
EF: So ein anständiger Scheißkerl
bist du!
EM: Ich habe
gewusst, dass du es sagst! Es ist ganz einfach Gemeinheiten zu tun, und sich
dann beschweren, wenn man mal dabei erwischt wird.
EF: Trotzdem. Ein
Mann handelt nicht auf so eine Art.
EM: Und dein
Anwalt handelt wie ein richtiger Mann? Ich dachte, er ist mein Freund, habe ihn
zum juristischen Berater meiner Firma gemacht, gab ihm einen guten Lohn, habe
ihm bei den Wahlen geholfen. Und aus hohem Dank schläft er mit meiner
Frau und bringt ihr dabei bei, wie man sich am besten scheidet und mich
abzockt.
EF: Mache dir
doch nicht so einen großen Kopf darüber! Du glaubst,
es ist eine Katastrophe, und in Wirklichkeit läuft nichts
besonderes zwischen uns beiden. Das ist doch nichts, nur eine kleine Romanze.
EM: Für dich ist es nichts,
und für mich... Ich habe dich geliebt. Ich
habe dich mit Fürsorge umgeben. Ich war bereit, dir
alles zu geben. Als mir gesagt wurde, dass du mir fremd gehst, habe ich nicht
geglaubt. Und habe beschloßen, mich da selbst zu vergewissern. Und ja, ich habe
mich vergewissert.
EF: Ja, es war
gemein und dumm von mir, aber du weißt es doch: wir, Frauen, folgen unseren
Emotionen, und nicht dem Verstand.
EM: Kann sein.
Aber dabei sind Frauen auch sehr praktisch. Viel praktischer als Männer.
EF: Und was erwartet
mich jetzt?
EM: Das Glück mit deinem
Ex-Liebhaber.
EF: Warum
"Ex"?
EM: Weil jetzt
wird er zu deinem Ehemann.
EF: Das ist unmöglich.
EM: Warum? Dann könnt ihr euch
wieder im Bett bequem machen.
EF: Er ist doch
verheiratet, und hat drei Kinder.
EM: Er wird sich
scheiden.
EF: Das ist unmöglich.
EM: Warum denn?
Wir lassen uns doch auch scheiden.
EF: Lassen wir
uns scheiden?
EM: Natürlich. Und du
glaubst, nicht? Du wolltest es doch selbst so sehr. Dann sollst du so einen
unpraktischen Lauch wie mich nicht mehr dulden.
EF: Das ist
gemein.
EM: Leider gibt
es keine andere Optionen.
EF: Und wie
teilen wir dann unser Vermögen auf?
EM: Nach der
Gerechtigkeit.
EF (nach kurzem
Überlegen wird ihre Stimme wieder selbstsicher): Wenn du es wissen
möchtest, bei der Vermögensaufteilung
spielt es absolut keine Rolle, wer daran Schuld ist, und wer nicht. Es wird
sowieso nach dem Gesetz aufgeteilt. Was ist schon Schuld? Ich werde im Gericht
sagen, dass du micht nicht befriedigen konntest, und das war ́s dann auch. Und
dann wird es so aussehen, als ob du schuld wärest, und nicht
ich.
EM: Aber das ist
doch nicht wahr.
EF: Wer braucht
schon die Wahrheit im Gericht?
EM: Wie ich sehe,
lernst du einfach nichts daraus.
EF: Wenn du diese
Aufnahmen benutzen möchtest, um mich zu erpressen, so vergiss es. Ich werde im
Gericht sagen, dass es alles gestellt ist, ein Fake. Ich bin sogar mehr als
sicher, dass das Gericht diese Aufnahmen nicht mal beachten wird.
EM: Beruhige
dich. Ich hatte auch nicht vor, diese Aufnahmen dem Gericht vorzulegen. Ich
poste es einfach im Internet, und Tausende von Menschen werden dich, und deinen
verschwitzten Anwalt zwischen deiner Schenkel, anschauen können. Einen
ehrlichen Anwalt, welcher es allen versprochen hat, ein ehrlicher Vorsitzender
zu sein.
EF: Und du wirst es
wirklich machen?
EM: Warum nicht?
EF (nach kurzem
Überlegen): Okay, gut. Poste dein Video wo immer du es möchtest. Was ist
schon dabei, wenn mich jemand beim Sex sieht? Alle machen das. Glaubst du, ich
werde mich deswegen auf meinen Millionen verzichten? Auf diesem Haus? Vergiss
es! Sie können es sehen.
Was ist schon dabei? Ein Porno mehr. Heutzutage überrascht es niemanden.
EM: Ich glaube,
die Wähler werden schön überrascht sein, wenn sie die unbedeckte Ehrlichkeit in
ihrer ganzer Schönheit sehen.
EF: Dieses Video
macht ihn nur noch mehr populär! Männer mögen solche
Abenteuer. Und Frauen eigentlich auch.
EM: Für die Ehefrau
deines Anwalts wird es auch zu einer Überraschung.
EF: Von mir aus.
Es ist mir so was von egal.
EM: Ist er dir
auch egal?
EF: Er auch.
EM: Na gut, wenn
du solche Videos so sehr magst, schauen wir uns noch ein Aussschnitt an. (macht
die Aufnahme an)
MS: Ich muss
jetzt zum Meeting, zieh ́dich an. Wenn du
nur wüsstest, wie sehr mir diese Wähler auf den Sack
gehen.
EFS: Sie werden
dir auch nach den Wahlen keine Ruhe geben.
MS: Nach den Wahlen
machen ich ihnen die Tür vor der Nase
zu. Diese Bauer werden mich nur stören. Wie es ein
weiser Mann mal gesagt hat, die Verwaltung muss vom Volke getrennt sein. Das
ist besser für die Verwaltung und für das Volk.
EFS: Erstmal soll
man die Wahlen gewinnen.
MS: Und dafür braucht man
Geld. Apropos, ich habe dir ein Dokument gegeben, nach welchem die Firma mir
ein Honorar für meine juristische Hilfe auszahlen
soll. Hat dein Mann es unterschrieben?
EFS: Nein.
MS: Nein?
EF: Mache dir
keine Sorgen. Ich habe es selbst unterschrieben. In all diesen Jahren habe ich
gelernt, seine Unterschrift zu fälschen. Der
Buchhalter hat es entgegengenommen und sagte mir, dass das Geld in Kürze überwiesen wird.
MS: War der
Buchhalter nicht überrascht?
EFS: Dir wurden
ja auch vorher Honorare überwiesen, nur,
dass sie nicht so groß waren. So lange mein Mann genügend Mittel hat,
zocken wir ihn ab. Und den Rest bekomme ich nach der Scheidung.
EM (stoppt das
Video): Okay, nach der kleiner Pause können wir unser
Vermögen weiter teilen.
EF: Eigentlich bestehe
ich auch nicht unbedingt darauf. Es hat noch Zeit.
EM: Es hat noch
Zeit, natürlich. Aber damit zu zögern wäre auch falsch.
Du hast doch selbst die Aufteilung angeboten.
EF: Es hängt von den
Bedingungen ab.
EM: Die
Bedingungen sind ganz einfach. Wärest du bereit,
im Gefängnis zu landen? Wie es aussieht, ist
es nicht der erste Dokument, der nicht mit meiner Hand unterschrieben wurde.
EF: Im Gefängnis? Nein.
EM: Willst du
diese Aufnahmen im Internet sehen?
EF: Nein.
EM: Vielleicht
will dein Bald-Vorsitzender, dass dieses Video die Bauer, ́tschuldigung,
seine idiotischen Wähler, sehen?
EF: Nein.
EM: Dann reden
wir nicht über die Bedingungen. Aber mache dir
keine Sorgen — du bekommst alles zurück, womit du zu
mir gekommen bist.
EF: Aber ich
hatte nichts, nur ein Baumwollkleid!
EM: In dem Kleid
mochte ich dich mehr, als in Pelzen und Juwelen. Ich glaube, ich kaufe es dir
ab, als ein Souvenir.
EF: Und ich
bleibe mit nichts?
EM: Und du
bleibst mit deinem Anwalt. Wenn er dich so zu sich nimmt. Wobei, ich glaube, er
brauchte dich nur, solange du mich abzocken kannst. Vergiss es nicht, ihm
morgen zu sagen, dass er mir jetzt schuldig ist.
EF: Treibe ihn
nicht in die Enge! Wenn er zum Vorsitzenden wird, gibt er dir alles zurück. Wer die Macht
hat, hat auch die Möglichkeiten.
EM: Er wird nicht
zum Vorsitzenden. Sag ihm, dass er seine Kandidatur streichen soll.
EF: Aber er hat
schon so viel Kraft und Geld da reingesteckt... Er ist populär geworden.
EM: Ich weiß.
"Ehrlichkeit ist mein Programm!"
EF: Du hast ihm
doch selbst dieses Motto empfohlen!
EM: Aber ich habe
ihm nicht empfohlen, ein Arschloch zu sein.
EF: Und er hat so
gute Chancen...
EM: Jetzt hat er
keine.
EF: Rache macht
keinen Menschen schön.
EM: Das ist keine
Rache. Arschlöcher gehören einfach nicht
in die Politik rein. Von denen gibt es heute sowieso viel zu viele. Und so wird
es einen weniger geben.
EF: Was soll ich
denn tun?
EM: Du bist eine
sehr praktische Dame, und noch ohne Hemmungen, dazu. Du wirst schon dein Weg
finden! Ich war ja nur die erste Stufe für dich. Jetzt
kannst du nach einer höherer suchen. Und jetzt habe ich leider keine Zeit für dich. Wir
fahren gleich zum Notar, du unterschreibst den Verzicht auf dem Eigentum, und
du kannst gehen, wohin du willst.
EF: Das ist
gemein.
EM: Du hast mich
nicht nur betrogen, aber auch noch belogen und beklaut. Und ich konnte dich
eigentlich ins Knast schicken und bloßstellen. Stattdessen lasse ich dich frei.
Komm, der Notar wartet schon.
EF begibt sich
ungern zur Ausgangstür. EM ruft sie.
EM: Warte mal.
EF bleibt stehen.
EM: Gib mir den
Autoschlüssel zurück. Den brauchst
du nicht mehr.
ENDE